DIY Nebelkammer

Einmal Ionisierende Strahlung (Radioaktivität) mit eigenen Augen sehen


Wenn ionisierende Teilchen durch übersättigten Isopropanoldampf fliegen, dienen diese als Kondensationspunkt und sorgen dafür, dass der Dampf in den flüssigen Zustand übergeht. So hinterlassen sie für kurze Zeit eine Nebelspur, die aussieht wie ein Miniatur-Kondensstreifen, wie man es von Flugzeugen kennt.

Das Aussehen des Streifens unterscheidet sich je nach Art des Teilchens bzw. der Strahlung. Hierbei unterscheidet man zwischen Alpha, Beta und Gamma-Strahlung.
Alphastrahlung besteht aus Alphateilchen (zwei Protonen und zwei Neutronen). Sie hinterlässt breite kurze Spuren in der Nebelkammer.
Betastrahlung besteht aus einem Elektron oder Positron. Sie hinterlässt längere dünne Streifen aus Nebel.
Gammastrahlung (Elektromagnetische Strahlung) besteht aus energiereichen Photonen. Sie interagiert nur indirekt und ist in einer Nebelkammer nur sehr schwer detektierbar.

Um übersättigten Isopropanoldampf zu erzeugen, wird zunächst 99%-iges Isopropanol mit Hilfe eines Heizdrahts in einem Glaskasten verdampft.
Gleichzeitig wird der Boden des Würfels auf mindestens -25°C gekühlt. Der oben erzeugte Dampf fühlt langsam ab und sinkt nach unten, bis er am Boden kondensiert.
. Wenn man nur einen kurzen Versuch in einem Labor machen möchte, reicht es aus, zur Kühlung Trockeneis oder flüssigen Stickstoff zu verwenden. Ich wollte jedoch eine kontinuierliche Nebelkammer mit elektrischer Kühlung bauen.
Ich habe mich daher für Peltierelemente mit einer Wasserkühlung entschieden.
Wenn man an ein Peltierelement eine Spannung anlegt, wird eine Seite kalt, während sich die andere aufheizt. Die Wärme wird quasi von einer auf die andere Seite gepumpt.
Um aussreichend Kühlleistung zu haben, habe ich an eine 10x10 cm Kupferplatte acht Elemente (jeweils zwei übereinander angebracht. Die oberen betreibe ich in Reihe über ein 15V Netzteil, somit hat jedes Element 3,75V. Die unteren Elemente betreibe ich mit jeweils 12V. Unter jedem Peltier-Doppelpack hängt ein 40x40mm Wasserkühlblock aus Aluminium. Ich habe alles gründlich mit Wärmeleitpaste verbunden und zwischen zwei Plexiglasplatten verschraubt.
Um die Wärme des Wassers abführen zu können, bestehen mehrere Optionen:
Luftgekühlte Radiatoren hat mein Cousin bereits ausprobiert. Bei drei 24x12 cm Radiatoren reichte die Kühlleistung gerade so aber nicht immer aus.
Um die Nebelkammer kontinuierlich betreiben zu können, entschied ich mich für Frischwasser aus dem Hahn.
Das Wasser kommt mit 15 bis 17 °C aus unserem Brunnen und die Abwärme kann entweder für die Heizung des Hauses verwendet oder wieder zurück in einen Schluckbrunnen geleitet werden.
Damit das sehr kalkhaltige Wasser und der schwankende Wasserdruck nicht die Anlage beschädigen, habe ich einen Wärmetauscher mit verbaut.
Im ersten Probelauf kam die Kupferplatte bereits auf -27°C, was für den Betrieb einer Nebelkammer ausreicht.
Mit meiner Wärmebildkammera habe ich die Temperaturen und die Funktion der einzelnen Bauteile überprüft.
Als nächstes habe ich mich dem Kasten gewidmet. Ursprünglich wollte ich ihn aus Glas bauen, da ich jedoch keinen passenden Glaswürfel zu Kaufen finden konnte und ich auch noch Löcher durch die Seitenwand bohren muss, habe ich mich dazu entschieden, selber einen Kasten aus Kunststoff zu bauen. Der Kasten ist im Inneren Isopropanoldämpfen ausgesetzt, weshalb meine Wahl auf Polycarbonatplatten (PC) fiel.
Diese lassen sich mit einer Handsäge leicht zuschneiden und die Kanten mit einer Feile glätten.
Da sich gewöhnlicher Kleber in Isopropanol auflöst, habe ich die Platten mit Zweikomponentenkleber verbunden und über Nacht aushärten lassen.
Den Rahmen der Kammer habe ich aus 2020 Aluprofilen gebaut, welche es für ca. 4,20€/m online zu kaufen gibt. Er misst 35x35 cm2 in der Grundfläche und ist 20 cm hoch. Die Profile gibt es bereits als fertige Zuschnitte zu kaufen.
In den mittleren Teil der Kammer wird der Kühlkreislauf mit den ganzen Wasserschläuchen, Pumpe und Wärmetauscher unterkommen. In den Seitenbereichen links und rechts ist Platz für die Netzteile und sonstige Elektronik.
Um bei einem Wasserleck nicht die Elektronik zu beschädigen und um den Luftfluss zu optimieren, habe ich die Elektronikbereiche durch zwei Plexiglasplatten abgetrennt.
Den Rahmen habe ich mit 1mm dünnen Aluplatten versehen. Sie geben der Kammer ein schlichtes professionelles Erscheinungsbild und an ihnen können im Inneren die anderen Bauteile befestigt werden.
Die Platten habe ich vorgeschnitten gekauft. Ich musste nur noch die Löcher fü die Befestigungen und Durchführungen bohren bzw. sägen.
Vor dem Einbau habe ich die Kupferplatte noch mit einer schwarzen selbstklebenden Bastelfolie beklebt. Sie verbessert den Kontrast zwischen dem weißen Nebel und dem Untergrund. Gleichzeitig schützt sie die Kupferplatte vor Korrosion. Sie muss jedoch ausreichend dünn sein, um die Wärme gut leiten zu können und um das elektrische Feld von 10 kV nicht zu sehr zu schwächen, aber mehr dazu gleich.
Zusätzlich zum Temperaturgefälle wird in der Kammer ein elektrisches Feld angelegt. Dieses sollte etwa 5 bis 10 kV betragen und sorgt dafür, dass in der Kammer vorhandene Ionen "abgesaugt" werden. Dies verbessert die Sichtbarkeit der Nebelspuren.
Ich habe mir von Ebay einen kleinen 10 kV Hochspannungsgenerator gekauft, dieser erzeugt jedoch Wechselspannung. Da ich keine Hochspannungsdiode vorrätig hatte, habe ich einfach 30 Dioden in Reihe gelötet.
Den einen Pol habe ich mit einer Feder an die Kupferplatte geklemmt und der andere wird oben in einem Ring im Polycarbonatwürfel aufgehängt.
Im nächsten Schritt habe ich die Elektronik verdrahtet. Die Netzteile habe ich an den Außenwänden befestigt.
Für jeden, der die Nebelkammer nachbauen möchte, empfehle ich, die Netzteile an den Plexiglasplatten zu befestigen, damit man zur Wartung durch einfaches Abschrauben der Aluplatten besser hin kommt.
Ich habe zusätzlich noch Temperatursensoren an den einzelnen Zulauf- und Ablaufschläuchen befestigt. Über einen Arduino Uno in Kombination mit einem 128x64 Pixel Display lassen sich alle Temperaturen anzeigen.
Zusätzlich habe ich zwei Durchflusssensoren mit eingebaut, um den Wasserfluss des inneren und äußeren Kreislaufs zu messen.
Die Wasserzufuhr wird über ein elektronisches Ventil vom Arduino aus auf 2l/min geregelt.
Als nächstes habe ich den Kältekreislauf aufgebaut. Da im Gehäuse nicht viel Platz ist, habe ich ausziehbare flexible Schläuche verwendet, wie sie auch bei Warmwasser-Solaranlagen Verwendung finden.
Die Aluplatte für die Aufnahme des Wärmetauschers habe ich mittels Plexifplasplatte verstärkt. Mit kleinen 1/2" auf 8mm Verteilern wird das kühle Wasser aus der Umwälzpumpe auf die Alukühlkörper verteilt und wieder zusammengeführt, bevor es in den Wärmetauscher fließt. Vor der Umwälzpumpe befindet sich eine Abzweigung nach oben, um den Kreislauf befüllen zu können.
Die Durchführungen durch die Aluplatten bestehen aus einfachen Tankdurchführungen. Die Verbindungen zwischen den Schläuchen habe ich je nach Verbindung mit Hanf oder Teflonband abgedichtet.
Schließlich habe ich alles im Gehäuse montiert und fertig angeschlossen.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so eng wird. Das Gehäuse hätte gerne 5 bis 10 cm größer sein dürfen, aber ich habe alles gerade so unterbekommen
Die Silikonschläuche habe ich passend zugeschnitten und mit Zweikomponentenkleber und Kabelbindern befestigt.
Jetzt sieht man auch gut die Trennung von Elektronik und Wasserkreislauf durch die Plexiglasplatten.
Anschließend habe ich nach einem kurzen Funktionstest noch die Isolierung angebracht.
Die Peltierelemente habe ich mit Schafwolle isoliert, da diese bei guter Wärmedämmung diffussionsoffen und schimmelresistent ist und zumindest an der Kupferplatte mit Kondenswasser zu rechnen ist.
Die Restlichen Rohre und den Wärmetauscher habe ich mit Rohrisolierungen aus dem Baumarkt umwickelt.
Zu guter Letzt habe ich mich um die Heizplatte und die Hochspannungselektrode gekümmert. Hierfür habe ich eine Polycarbonatplatte so zugeschnitten, dass sie perfekt in den Würfel passt. Anschließend habe ich 64 Löcher gebohrt, um den Isopropanoldampf durchzulassen.
An der Platte habe ich seitlich kleine Kerben gesägt, um einen Heizdraht befestigen zu können. Um das Isopropanol zu halten, habe ich einen dicken Filz hergenommen und mit dem Heizdraht (im Schlangenlinienmuster) auf der Platte befestigt.
Bei 8V Spannung konnte ich Temperaturen von ca. 50°C am Draht erreichen, was vollkommen ausreichend ist, um das Isopropanol zu verdampfen.
Im nächsten Schritt habe ich den Kühlkreislauf mit destilliertem Wasser über einen Trichter befüllt. Hierbei muss die Pumpe durchgängig laufen. Über einen Zeitraum von ca. 10 Minuten kommen die Luftblaßen langsam raus und man muss Wasser nachgeben.
Ich habe die Kammer nach draußen gebracht, um besser sehen zu können, ob alles dicht ist.
Für die Beleuchtung habe ich einen grünen 50mW Laser vorgesehen, im grünen Licht ist der Nebel gut sichtbar. Der Laser ist mit einer Linse ausgestattet, um eine 2D Ebene aus Licht aufzuspannen.
Damit man nicht geblendet wird, habe ich einen schwarzen Rand aus Kunststoff am oberen Rand der Kammer angebracht.
beim Funktionstest stellte sich jedoch heraus, dass der Laserstrahl zu schmal ist, um genug des Nebels zu beleuchten. Deshalb haben wir uns kurzerhand mit einer Handytaschenlampe beholfen. Diese hat jedoch den Nachteil, dass sie stark in alle Richtungen leuchtet und man somit den Nebel nicht so gut sehen kann.
Mit einer Spritze habe ich ca. 3ml Isopropanol im Schwamm verteilt und den Würfel auf die Kühlplatte gestellt.
Nach etwa einer halben Minute erreichte die Kammer 0°C und der Wasserdampf aus der Luft fiel als feiner Nebel nach unten.
Nach weiteren vier Minuten Kühlung, als sich nicht mehr viel veränderte, habe ich den Heizdraht dazugeschaltet. Nur wenige Sekunden später bildete sich ein kleiner "Wasserfall" aus Isopropanolnebel, der immer dichter wurde.
Wenige Minuten später, die sich jedoch wie eine Ewigkeit anfühlten, erschienen plötzlich erste leichte Spuren im Nebel. Von der Form her müsste es sich großteils um Betastrahlen handeln.
Da nur wenige Strahlen sichtbar waren, habe ich drei kleine Proben Kharitonchik (харитончик) vom Atombombentestgelände aus Kasachstan in die Kammer gegeben. Diese habe ich 2018 bei Kurtschatov gesammelt. Nachdem ich die letzten Jahre vergeblich mehrere Institute angefragt habe, um eine Gammaspektroskopie der Proben anfertigen zu lassen, konnte ich nun zumindest nachweisen, dass es sich um einen schwachen Alpha- und Betastrahler handelt.
Das Projekt Neblkammer hat mir viel spaß gemacht und ich kann einen Nachbau jedem empfehlen. Die größte Herausforderung ist es, auf entsprechend niedrige Temperaturen zu kommen.
Die Nebelkammer lässt sich etwa 30 Minuten kontinuierlich betreiben, bevor man kurz die Kupferplatte abwischen und neues Isopropanol nachfüllen muss. Mit Hilfe einer Schlauchpumpe könnte man das Isopropanol wieder nach oben pumpen und somit noch längere Betriebszeiten erreichen.
Die Heizung im oberen Bereich ist essentiell für die Bildung des Nebels und die Hochspannungsquelle sowie die passende Beleuchtung erhöht die Sichtbarkeit der Nebelspuren erheblich.
Optional kann man noch Elektromagnete anbringen und so die Art der Strahlung besser untersuchen zu können.

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