Unterirdisches Lager der Sowjetischen Treibstofftruppen

Belarus, August 2024

Treibstoffversorgung ist essentiell für die Versorgung von Truppen im Kriegsfall. Gleichzeitig stellen Konvois ein leichtes Ziel dar.
Bereits ein Jahr nach der Vertreibung der Nazis durch die Rote Armee entschied man sich im heutiges Belarus ca. 51 km Nordöstlich von Brest in einem Wald ein unterirdisches Treibstofflager zu errichten.

Am 14. Januar 1952 unterzeichnete A. M. Vasilevsky, Marshall der UdSSR eine Direktive, die die Bildung eines Batallions für das Pumpen von Treibstoff anordnete. Dies war die Geburtsstunde der sowjetischen Pipelinetruppen. Pipelines waren damals, vor der Zeit von Hochpräzisionswaffen, die sicherste Art, große Mengen Treibstoff zu transportieren.

Anfang der 60er Jahre betrug die Lagerkapazität offiziell 19.000 Kubikmeter. Desweiteren gab es ein 4000 Kubikmeter großes Lager für Raketentreibstoff zur Versorgung der in der Nähe stationierten Raketenkräfte. Der Treibstoff wurde in großen unterirdischen Betonröhren gelagert. In einem daneben befindlichen Bunker liefen die Pipelines zusammen und wurde über Pumpen weitergeleitet.

Bei meiner Radtour durch Polen 2024 entschied ich mich, einen Abstecher in die Region Brest zu machen und ein paar Lost-Places in Belarus zu erkunden. Nach 11 Stunden Wartezeit an der Grenze und 8 Stunden Fahrradfahren erreichte ich leicht erschöpft den Zufahrtsweg zu einem der beiden Treibstofflager nahe der Ortschaft Shcherchovo (Щерчово). Einzig ein russisches Schild "проход запрещен" (Durchgang verboten) weißt auf das ehemalige Sperrgebiet hin. Für Einheimische war es bis vor einigen Jahren strengstens verboten, den Wald zu betreten.

Ich erreiche das Treibstofflager. Es besteht aus 50 bis 60 Meter langen Betonröhren mit einem Durchmesser von je fünf bis sechs Metern, welche parallel zueinander im Boden vergraben wurden.

Nachdem das Lager stillgelegt wurde, begannen lokale Schrottsammler die Anlage zu zerlegen und alles wertvolle mitzunehmen. Am Rande des Geländes steht ein Baukontainer, ein Stromaggregat, leere Benzinkanister und Gasflaschen für Schweißgeräte.

Hier im Wald gibt es zwei solcher Lager mit je 30 Röhren. Ich habe eine theoretische maximale Speicherkapazität von 59.000 m² bis 102.000 m² berechnet. Das entspricht etwa dem drei- bis fünffachen der offiziellen Angaben.

Wenn man die Röhren von innen erkundet, werden einem die Ausmaße erst richtig bewusst.

Man hat bereits begonnen, die Anlage zu demolieren, jedoch wurden die Abbrucharbeiten abgebrochen und so liegen die Röhren nun halboffen im Wald.

Am Südrand der Anlage befindet sich ein Bunker. Der Eingang wurde wie bei vielen Bunker in der Region nach der Stillegung einfach mit Sand zugeschüttet, jedoch von lokalen Schrottsammlern wieder ausgegraben.

Im Untergeschoss befindet sich ein langer Mittelgang mit Blau-Weiß gestrichenen Wänden. Die Elektrischen Anlagen samt der Kabel wurden bereits geplündert.

Das Herzstück des Bunkers bildet der Pumpenraum. Hier liefen die Pipelines, die den Treibstoff führten, zusammen. Auf jedem der Betonsockeln stand einst eine Pumpe. Es riecht sehr stark nach Diesel. Der Boden ist Öldurchtränkt.

Die technischen Daten der Pumpen waren einfach an die Wand gepinselt. Hier das Typenschild der Pumpe Nr. 12. Sie drehte sich mit 900 U/Min ("об/мин") und hatte einen Durchsatz von 500 bis 800 m³/Stunde ("м³/час").

Leider gab es im Bunker nicht viel mehr zu sehen. Ich begab mich wieder an die Oberfläche und suchte mir im Wald einen ruhigen Platz zum Zelten. Nach der langen Grenzkontrolle und der Fahrt war ich sehr müde. Im Hintergrund heulten Wölfe, trotzdem konnte ich sehr schnell einschlafen.

Quellen und weitere Infos:

https://meridian28.com/report/gsm.html


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