Krakau - Verlassenes KZ Plazow

Polen, Januar 2024

Im Vorort Płaszów, südlich von Krakau befand sich während des zweiten Weltkriegs das gleichnamige Arbeitslager und spätere Konzentrationslager "Plaszow". Ich kam an einem verregneten Januarmorgen am KZ an, ein kalter Wind pfiff über das weitläufige unwirkliche Gelände. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein gewöhnlicher Stadtpark, nur am Eingang standen einige aneinandergelehnte Informationstafeln, die auf den Abschluss der gerade stattfindenden Renovierungsarbeiten warteten.

Das Lager wurde 1940 auf dem Geländer zweier jüdischer Friedhöfe errichtet. Die Grabsteine wurden verwendet, um den Weg zur Fabrik zu pflastern, in der die Zwangsarbeiter arbeiten mussten. Die Gefangenen wurden somit gezwungen, täglich über die Grabsteine zu trampeln. Die originalen Grabsteine wurden nach dem Krieg entfernt, jedoch wurden für das Filmset von "Schindlers Liste" ein Teil des KZs in einem nahegelegenen Steinbruch nachgebaut.

Der Boden auf dem Areal war uneben und entweder sehr steinig oder matschig. Man errichtere das Lager an diesem Ort, um die nahegelegenen (inzwischen stillgelegten) Kalk-Steinbrüche auszubeuten.

Man kann sich kaum vorstellen, unter welchen Bedingungen hier zu Hochzeiten 25.000 Häftlinge lebten. Die meisten wurden nach der Auflösung des Krakauer Ghettos im März 1942 hierher verlegt, 2000 wurden bei dieser Aktion ermordet und auf einem Massengrab auf dem Gelände begraben. Darunter hauptsächlich Kinder und alte Menschen, die nicht als Zwangsarbeiter geeignet waren. insgesamt starben über 8000 Menschen im KZ Plaszow.

Wer geeignet war, musste unter unmenschlichen Bedingungen in den Steinbrüchen arbeiten. Zahlreiche menschen starben während der harten Arbeit in den Stollen. Die Eingänge zu den Stollen wurden Ende 2023 verschlossen. Sie sind heute einsturzgefährdet. Man sollte unbedingt auf den markierten Wegen bleiben.

Das Lager war einen Wohnbereich für die Nazis, sowie einem Gefangenenlader und Werkstätten und Fabrikbereich unterteilt. Ein 4 km langer doppelter elektrischer Stacheldrahtzaun umgab das Areal, dazwischen ein Wassergraben. Umgeben war das Areal von Suchscheinwerfern und 13 Wachtürmen. Nur wenige konnten nach Warschau fliehen.

Nach der Vertreibung der Nazis und der Machtübername durch die Sowjets wurde das Areal verlassen. Die meisten Gebäude wurden abgerissen und das Gelände sch selbst überlassen. Am Südöstlichen Rand des Geländes wurden Wohnhäuser errichtet. 1964 wurde ein großes brutalistisches Denkmal auf einem Hügel errichtet. Das aus Kalkstein bestehende Monument zeigt fünf nebeneinander gedrängte Menschen mit gesenkten Köpfen und ausdruckslosen Gesichtern. Am Fuße der Büste steht eine Inschrift. Übersetzt steht dort: "In Erinnerung an der Märtyrer, ermordet durch den Genozid der Nazis 1943 - 1945"

Von der lokalen Bevölkerung wurden auf dem weitläufigen Gelände vereinzelt Obstbäume gepflanzt. Bis in die späten 2000er Jahre war das Areal ein beliebter Anlaufpunkt für Pickniks oder intime Pärchentreffen. Die Polnische Regierung stellte daraufhin Hinweistafeln auf, dass es sich um das Gelände eines ehemaligen Konzentrationslager handelt und man sich respektvoll verhalten soll.

Das einzige verbliebene Gebäude ist das "Graue Haus". Es wurde in den 1920er Jahren errichtet und diente zunächst als Zentrum der örtlichen jüdischen Gemeinde für die Verwaltung des nahegelegenen Friedhofs. Die SS nutzten es als Verwaltungszwecke und als Folterkammer und als EInzelhaft für Häftlinge der SS. Ab Februar 1943 diente es als Villa des Lagerverwalters Amon Göth. Dieser hatte unter den Gefangenen den Spitznamen "Der Schlächter". Unter seinem Regime überlebte kaum jemand länger als vier Wochen. Diser erschoss als Freizeitbeschäftigung morgendlich mit einem Gewehr Häftlinge von seinem Balkon aus oder hetzte seine Hunde auf die Gefangenen. Über 500 Menschen ermordete er selbst. Heute steht das Gebäude leer. Es ist geplant, es als Informationszentrum auszubauen.

Das Haus wurde auch als Drehkulisse für den Film "Schindlers Liste" genutzt. Wir befinden uns jetz im nahegelegenen Steinbruch "Libana", wo die ehemaligen Filmkulissen stehen. Schindler war einst Mitglied der NSDAP und Geheimdienstmitarbeiter der Nazis, änderte aber irgendwie seine Meinung und rettete so vielen Juden das Leben, als er die Emaille-Fabrik zur Herstellung von Töpfen und Pfannen übernahm, die sich in der Nähe des jüdischen Ghettos befand, in dem sich alle Juden aufhalten mussten, als die Nazis die Kontrolle über Krakau übernahmen. Schindler baute die Fabrik auf, damit immer mehr jüdische Menschen dort arbeiten konnten, und überzeugte die Nazis, die ihm vertrauten, dass es vorteilhafter wäre, wenn alle seine Arbeiter in oder in der Nähe der Fabrik untergebracht würden, anstatt ins Konzentrationslager geschickt zu werden.

Nach den Dreharbeiten wurden die Filmkullissen einfach stehen gelassen und rosten seither in der Landschaft vor sich hin.

Das KZ Plaszow und die Filmkulissen von "Schindlers Liste" sind zwei Orte, die man besuchen sollte, wenn man in Krakau ist, um an die während des Zweiten Weltkriegs in Krakau begangenen Tragödien zu erinnern. Beides ist offen zugänglich und von Warschau aus gut mit dem Bus oder der S-Bahn zu erreichen. Ich empfehle gutes Schuhwerk. Zudem bitte ich, den Ort und seine Geschichte zu respektieren und sich entsprechend zu verhalten


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