Radtour zur Deutschen Wüste
Deutschland, September 2020
Eine Wüste mitten in Deutschland? Ja, genau richtig, ich konnte es erst selbst nicht glauben, doch heute wollte ich sie mit eigenen Augen sehen.
Mein Tag begann in Korczyców, einem polnischen Dorf etwa 30 km vor der deutschen Grenze. Nach einer Überfahrt über die Oder erreichte ich nach eineinhalb Stunden Fahrradfahrt die Grenzstadt Guben. Nach einer kurzen Frühstckspause machte ich mich weiter auf den Weg zum Großsee.
Der Großsee ist ein Badesee mit Campingplatz nördlich von Cottbus. Hier sieht man sehr gut, wie die Region unter Wasser leidet. Seit Jahren sinkt der Wasserpegel des über das Grundwasser gespeisten Sees kontinuierlich ab, zum Vorschein kommt der Kahle Sandboden. Die Vegetation kommt nicht schnell genug hinterher, das Ufer zu bedecken. Nach meiner Mittagspause am See fahre ich weiter zur nur sechs Kilometer entfernten Wüste.
Die Deutsche Wüste oder auch Lieberoser Wüste genannt ist eine sogenannte Panzerwüste. Nachdem das Areal einem Waldbrand zum Opfer viel, wurde es nach dem zweiten Weltkrieg viele Jahre als sowjetischer Truppenübungsplatz genutzt. Durch die vielen Panzerfahrten wurde der Boden so zerstört, dass bis heute auf dem Areal kaum etwas wächst. Vor allem in dem Areal im Südosten, an welchem ich ankam. Ein paar Pionierpflanzen erobern nur langsam das Gebiet zurück.
Dazu kommt noch, dass die Region die trockenste in ganz Deutschland ist. Man merkst, dass hier ein spezielles Mikroklima herrscht. Sobald man sich der Wüste nähert, wird die Luft bereits spürbar wärmer. Teilweise hatte ich aufgrund des vielen Sands Probleme mit meinem Fahrrad und musste schieben.
Rings um die Wüste befindet sich ein weitreichender Kiefernwald. Langsam aber sicher holt sich der Wald das Gebiet zurück. Kleine junge Bäume trotzen dem extremen Miktoklima. Trotzdem wird es noch viele Jahrzehnte oder Jahrkhunderte dauern, bis sich die Natur hier wieder erholt haben wird.
Nach dieser obskuren Erfahrung habe ich mich an einem Ort nur 12 Kilometer entfernt aufgemacht, welcher sicherlich mit dazu beiträgt, dass es in der Region über lange Zeit noch trockener und wärmer wird, als es ohnehin schon ist. Ich spreche vom Kohlekraftwerk Jänschwalde, welches die sechsthöchsten Treibhausemmisionen aller europäischen Kraftwerke ausstößt. Das Kraftwerk soll 2028 stillgelegt werden.
Ich fuhr an den Peizer Teichen vorbei zu dem Ort, an dem bis 2015 die Kohle für das Kraftwerk kam und welcher nun zu einem großen Naherholungsgebiet umgebaut werden soll. Ich spreche vom Cottbusser Ostsee, dem größten künstlich geschaffenen Sees Deutschlands. Zum Zeitpunkt meines Besuches war der See nur gering gefüllt. Bis 2024 soll er vollständig geflutet sein.