Erfahrungsbericht - Radreise durch Belarus
Belarus, August 2024
Im August 2024 bin ich relativ spontan mit dem Fahrrad durch Belarus gefahren. In diesem Artikel möchte ich über meine Erfahrungen sprechen, die ich in Belarus gemacht habe, insbesondere die Einreise und Ausreise sowie meine Erfahrungen vor Ort bezüglich Menschen, Transport, Unterkünfte und Essen.Ein- und Ausreise.
Die Einreise gestaltet sich relativ kompliziert. Es gibt mehrere Möglichkeiten:
Über den Internationalen Flughafen Minsk kann man mit einem deutschen Reisepass bis zu 30 Tage visumfrei einreisen, sofern man auch wieder mit dem Flugzeug ausreist. Aufgrund der Sicherheitsbedenken vieler Fluggesellschaften seit dem Zwischenfall mit dem Ryanair-Flug 4978 im Frühjahr 2021 sowie der Unterstützung Russlands im Ukrainekrieg meiden viele westliche Fluggesellschaften den Luftraum über Belarus. Ich habe während meiner Radtour (abgesehen von russischen Kampfjets nahe der Grenze zur Ukraine) keine Flugzeuge am Himmel gesehen. Es gibt wenige internationale Verbindungen, z. B. über die Türkei oder Dubai. Eine Einreise mit Zwischenstopp in Moskau wird nicht empfohlen, da Flüge aus Russland wie Inlandsflüge behandelt werden und man deshalb keinen Einreisestempel bekommt, was somit als illegale Einreise angesehen wird.
Die Einreise über den Landweg erforderte bis vor kurzem ein Visum. Bis Ende 2024 wurde die Visumpflicht temporär aufgehoben. Ein Touristenvisum war relativ einfach zu bekommen, und am Ende habe ich es doch nicht benötigt. Es wird empfohlen, beim Visum ein paar Tage länger anzugeben, als man tatsächlich bleiben möchte, um bei unvorhergesehenen Wartezeiten an der Grenze bei der Ausreise keine Probleme zu bekommen. Man braucht (auch wenn manche Webseiten dies noch behaupten) kein Einladungsschreiben mehr, jedoch einen Nachweis für ein Rückfahrticket sowie einen Nachweis über Hotelreservierungen. Seit Beginn des Ukrainekriegs sind alle Grenzübergänge zur Ukraine geschlossen. Ebenso haben Polen, Litauen und Estland alle bis auf vier Grenzübergänge geschlossen und alle internationalen Zugverbindungen nach Belarus eingestellt.
Die Grenzübergänge sind nur per Kraftfahrzeug passierbar, ich musste deshalb mit meinem Fahrrad in einem Bus über die Grenze. Es gibt online buchbare Reisebusverbindungen zwischen Terespol (Polen) und Brest (Belarus). Ich habe für die 3 km kurze Strecke umgerechnet 15 € gezahlt. Die Einreise hat mit Wartezeit etwa 9 Stunden gedauert. Mein Fahrrad konnte ich verpackt in einer Transporttasche mitnehmen.
Um 11 Uhr abends ging es los. Der Busfahrer kontrolliert beim Einsteigen, dass jeder einen gültigen Pass dabei hat. Zunächst fahren wir an einer ewig langen Schlange an LKW vorbei. Dann kommt die erste Schranke, hier werden alle Pässe kurz von der polnischen Polizei kontrolliert. Irgendwann mitten in der Nacht sind wir dann bei der Ausreisekontrolle. Alle müssen aussteigen und in ein kleines Wartehäuschen. Dort geht es der Reihe nach zu einem Schalter, wo der Pass gescannt wird, bevor man durch ein Drehkreuz auf der anderen Seite wieder raus und zurück in den Bus steigt.
Als alle wieder im Bus sind und dieser noch über eine Stunde warten musste, geht es weiter zur nächsten Schranke, diesmal mit absenkbaren Pollern. Die Schranke öffnet sich und wir sind im Niemandsland auf der Brücke über den Fluss Bug. Auf der einen Seite stehen polnische Soldaten, dann ein hoher Grenzzaun mit Stacheldraht. Wir überqueren nun im Licht der Scheinwerfer den schmalen Grenzfluss. Auf der polnischen Seite ein rot-weißer Grenzpfosten, auf der belarussischen Seite ein Grünstreifen mit grün-rotem Grenzpfosten, gefolgt von einer Reihe Stacheldraht und einem mit grellen gelben Scheinwerfern beleuchteten Todesstreifen, gefolgt von einer weiteren Reihe Stacheldrahtzaun, bewacht von der Grenzpolizei. Noch auf der Brücke steigt ein Beamter in den Bus und kontrolliert kurz die Pässe, erst dann öffnet sich die Schranke und wir können in den Wartebereich zur Einreise einfahren.
Gegen vier Uhr morgens sind wir endlich an der Einreisekontrolle. Alle müssen samt Gepäck aussteigen. Ich bin der Letzte in der Reihe und nach über einer Stunde bin ich bei der Passkontrolle, meine Fahrradtransporttasche über der Schulter, die Satteltaschen in der einen und den Reisepass in der anderen Hand. "Tourist?" fragt die Kontrolleurin durch die Glasscheibe. Sie will wissen, wo ich hin will und wo ich übernachte. Anschließend will sie mein Rückreiseticket sehen. Sie holt einen Kollegen dazu, dieser gibt mir Anweisung, zurückzugehen. Ich nehme mit ein paar anderen aus dem Bus auf einer Wartebank Platz, während der Beamte noch immer meinen Pass hat.
Nach einiger Zeit kommt er zurück und sagt etwas auf Russisch. Der Mann neben mir übersetzt: "Interrogation" (Verhör). Ich folge dem Beamten ins Obergeschoss in einen Verhörraum, und er beginnt, mir auf Russisch Fragen zu stellen. Ich gebe zu verstehen, dass ich kein Russisch spreche, und nach kurzer Zeit kommt er mit einem Übersetzer zurück. Ich sitze auf einem gepolsterten Holzstuhl in einem kleinen Büro, welches irgendwann in den 70er Jahren eingerichtet wurde. Auf dem massiven Schreibtisch steht die belarussische Flagge und eine kleine blinkende Kamera, die das Verhör filmt. Der Übersetzer übersetzt die Fragen mit kasachischem Akzent ins Deutsche: "Warum gehen Sie nach Belarus?", "Haben Sie Freunde in der Ukraine oder in Russland?", "Waren Sie schon mal in der Ukraine?", "Waren Sie schon mal in Belarus und sind mit dem Gesetz in Konflikt geraten?", "Haben Sie illegale Gegenstände oder Waffen dabei?", "Wo übernachten Sie? Kann ich die Unterkunftsreservierung sehen?", "Können Sie mir auf der Karte zeigen, wo Sie hinfahren?", "Haben Sie Kontakte zu politischen Organisationen in Belarus?".
Danach kontrollieren sie die Kontakte auf meinem Handy und schauen sich die Fotos auf meinem Handy an. Anschließend holt er einen abgenutzten Stempel aus der Schreibtischschublade, stempelt meinen Pass und begleitet mich zurück ins Erdgeschoss, wo es weiter zur Gepäckkontrolle geht. Es gibt ein großes Röntgengerät, welches jedoch zu klein für mein Fahrrad ist. Ich werde, wie fast alle anderen auch, zur manuellen Gepäckkontrolle beiseite gewunken. Ich habe eine Drohne und mehrere Kameras dabei, was kein Problem darstellt, ich habe jedoch von anderen gehört, dass vor allem die Drohne zu Problemen führen kann. Ich bin der Letzte, der bereits im Morgengrauen zum Bus zurückkommt. Es geht durch eine Schranke weiter zur Röntgenstation für Fahrzeuge. Wir fahren langsam durch das Gerät, mein Dosimeter schlägt Alarm, während der gesamte Bus geröntgt wird.
Zum Schluss kommen wir an die Desinfektionsstation. Hier wird der gesamte Bus von außen mit Desinfektionsmittel eingesprüht. Als ich denke, wir sind endlich durch, gibt es nochmal eine kurze Passkontrolle im Bus, und wir müssen an einer letzten Schranke nochmal über eine Stunde warten. Ich konnte im Bus zum Glück halbwegs schlafen.
Wenige hundert Meter nach der Grenze hält der Bus an der Seite an, und ich steige aus. Es gibt hier eine Reihe an kleinen Shops, wo ich Geld wechseln und mir für umgerechnet 9 € eine SIM-Karte kaufen kann. Ich habe mein Fahrrad wieder zusammengebaut und mache mich auf den Weg ins Abenteuer. Im Land kann man sich relativ frei bewegen. Man sollte darauf achten, dass man sich der ukrainischen Grenze ohne Genehmigung nicht mehr als 30 km nähern darf und dass es zu Russland hin viele kleinere Straßen gibt, die ohne jegliche Beschilderung nach Russland führen. Das Überqueren der Grenze nach Russland (auch aus Versehen!) kann zu hohen Gefängnisstrafen führen. Ebenso braucht man seit 2022 für die Grenzgebiete (innerhalb von 30 km) zu Polen und Litauen eine Genehmigung, wobei ich hier keinerlei Probleme hatte.
Transport
Fahrradfahren ist in Belarus recht gut möglich. Aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte ist auf den meisten Straßen relativ wenig Verkehr. Ausnahmen bilden die Hauptrouten zwischen den großen Städten. Fahrradfahren ist quasi überall erlaubt, sogar auf den wenigen Autobahnen sieht man ab und zu Radfahrende. In vielen Städten gibt es zwar (relativ schmale) Radwege, das Netz ist sehr ausbaubedürftig. Bordsteine sind oft nicht abgesenkt, Radwege enden oft im Nichts und man teilt sich den sowieso schon knappen Raum mit Fußgängern, die Radwege meist komplett ignorieren. Die meisten Autofahrer sind relativ rücksichtsvoll, die meisten machen Schulterblick beim Abbiegen. In den größeren Städten wie Gomel, Polazk oder Brest bin ich aufgrund mangelnder Radwege meist auf dem Gehsteig gefahren.
Es gibt neben neuen auch viele sehr alte Autos auf den Straßen. Die meisten Autos sind relativ laut und die Abgase stinken mehr als in Deutschland. Das liegt zum einen an den durchschnittlich älteren Autos und teilweise fehlenden Katalysatoren und zum anderen an der schlechten Benzinqualität. Während in Deutschland Benzin mit Okt. 95 und Okt. 98 verkauft wird, findet man in Belarus oft Tankstellen, die Benzin mit Oktanzahl 92 oder weniger verkaufen. Mich wundert es, dass die Autos damit überhaupt fahren können.
In kleinen Städten ließ es sich meist recht gut mit dem Fahrrad fahren. In den letzten Jahren wurden in vielen Kleinstädten neue Radwege gebaut. Das Radwegenetz ist zwar nicht vergleichbar mit Deutschland, trotzdem ließ es sich in kleinen Städten und Dörfern recht gut fahren. Es gibt an fast jedem Supermarkt Fahrradständer und die Diebstahlquote ist sehr gering. Viele sperren ihr Fahrrad nicht ab, wenn sie nur kurz zum Einkaufen gehen.
Auf dem Land gibt es so gut wie keine Überlandradwege. Hauptstraßen besitzen meist einen etwas breiteren Seitenstreifen, auf dem es sich ganz gut fahren lässt. Viele kleinere Straßen sind entweder Schotter- oder Sandpisten. Die Faustregel ist, dass nur Straßen, die auf Karten gelb markiert sind, asphaltiert sind, wobei kleinere Straßen oft voller Schlaglöcher sind. Die Straßen sind meistens sehr breit, selbst im ländlichen Raum sind Straßen in jede Richtung so breit wie schmale Landstraßen in Deutschland insgesamt.
Autos überholen auch bei Gegenverkehr, trotzdem habe ich mich insgesamt sicherer gefühlt als in Polen oder Litauen, was hauptsächlich am sehr geringen Verkehr lag.
Es gibt im Land sehr wenige Fahrradläden. Ich persönlich kann die Werkstatt "Dragonbike" in Minsk empfehlen. Dort trifft man auch andere Radfahrende, vor allem vom Minsk Cycling Club.
Es gibt ein gut ausgebautes Zugnetz. Die Züge fahren selten, aber pünktlich und sind relativ langsam. Selbst die neuen "Schnellzüge" fahren nicht viel schneller als eine deutsche S-Bahn. In den meisten Zügen ist die Fahrradmitnahme möglich. Tickets können auf der offiziellen Webseite der Belarussischen Bahn rw.by gebucht werden. Die Webseite ist nur teilweise auf Englisch übersetzt. Ich empfehle deshalb, sie auf Belarussisch zu nutzen und die eingebaute automatische Übersetzungsfunktion von z. B. Firefox zu verwenden. Für die Buchung ist eine Kreditkarte notwendig, zudem muss man seine Reisepassnummer angeben. Vor allem bei Nachtzügen wird der Pass kontrolliert.
Die Tickets sind relativ günstig und können bis kurz vor Fahrtantritt kostenlos storniert werden. Die Onlinebuchung funktioniert erst seit August 2024, weshalb sie noch nicht so weit verbreitet ist. Die meisten fahren mit einem Ticket vom Schalter. Um am Schalter zu buchen, sollte man Russisch oder Belarussisch sprechen oder eine Übersetzer-App verwenden. Tickets werden fast immer kontrolliert. In Regionalzügen besteht die Möglichkeit, Tickets direkt beim Zugbegleiter zu kaufen, da viele kleinere Stationen keinen Ticketschalter besitzen.
Die Fahrradmitnahme ist in den meisten Zügen möglich. Bei lokalen Zügen sowie der S-Bahn von Minsk kann man bei der Buchung ein "Gepäck/Fahrrad"-Ticket hinzufügen. Dies kostet meistens so viel wie ein reguläres Ticket, was aber im Vergleich zu Deutschland immer noch sehr wenig ist. Die Regionalzüge haben meist eine vierstellige Nummer. In manchen gibt es Fahrradständer, in denen man sein Fahrrad einhaken kann, ansonsten gibt es in den meisten Waggons einen Gepäckbereich, in dem man das Fahrrad abstellen kann. In Schnellzügen und Nachtzügen (die Zugnummer endet meist auf B oder F) haben nur die neueren ein Fahrradabteil. Am besten einfach bei der Onlinebuchung nachschauen. Nachtzüge besitzen meist drei Kategorien: Sitzplatz, Platzkartny (offener Liegewagen) und Coupe (Liegeabteil mit 4 Betten). Ein in einer Transporttasche verpacktes Fahrrad kann im Schlafwagen und im Schlafabteil mitgenommen werden, wenn man für das Fahrrad ein extra Ticket bucht. Man kann sich den Platz bei der Buchung aussuchen. Im offenen Liegewagen sollte man, wenn möglich, einen unteren Platz für das Fahrrad buchen, da es oben meist recht eng ist. Großen Personen empfehle ich, direkt Coupe zu buchen, da dort die Betten länger sind.
Die Schlafwagen sind meist sowjetischer Bauart, ähnlich den Nachtzügen in Kasachstan. Die Bahnsteige sind niedrig, weshalb man meist eine steile Treppe hoch muss. Von einem langen, schmalen Gang zweigen die Abteile ab. Man muss in dem Waggon einsteigen, in dem der eigene Platz ist, sonst wird man nicht in den Zug gelassen. Jeder Waggon hat einen oder zwei Zugbegleiter, dieser hat ein eigenes Abteil ganz vorne im Waggon. Dieser öffnet und schließt auch die manuellen Türen, kontrolliert die Tickets und verkauft auf längeren Strecken Kaffee und kleine Snacks. Heißes Wasser gibt es kostenlos am Beginn des Waggons. Beim Zugbegleiter gibt es auch das Bettzeug für die Nachtzüge. Dieses kostet 3,5 Rubel (etwa 1 €). Bevor man aussteigt, muss man es wieder zurückgeben. Wenn man ein Papierticket hat, wird dieses vom Zugbegleiter eingesammelt. Man wird von diesem auch rechtzeitig vor seinem Ausstieg geweckt.
Tagsüber werden die oberen ledernen Betten hochgeklappt und man sitzt auf dem unteren Bett, welches dann als Sitzbank fungiert. Die Betten sind weicher als in den chinesischen Nachtzügen, aber nicht so weich wie die der ÖBB Nightjets. Im Abteil (Coupe) gibt es meistens eine Steckdose. Die Züge sind schlecht isoliert, weshalb man das Rattern der Räder über die Gleise recht gut hört und beim Bremsen strömt der Geruch von heißgelaufenen Bremsscheiben in den Zug.
Am Ende jedes Waggons gibt es eine Toilette. Die Toiletten in den alten sowjetischen Zügen entleeren direkt aufs Gleis. Man sollte deshalb nicht am Bahnhof im Zug auf Toilette gehen, sondern nur während der Fahrt.
Es gibt ein gut ausgebautes Busnetz im ganzen Land. Selbst in die kleinsten Dörfer fährt mindestens 1x am Tag ein Bus. Tickets können in den Städten am Busbahnhof oder direkt beim Fahrer erworben werden. Die Fahrpläne hängen meistens aus. Man kann kleinere Busse meist überall anhalten und mitten in der Pampa ein- und aussteigen. Die Fahrradmitnahme ist offiziell nicht möglich.
Unterkünfte
Hotels sind relativ günstig. Selbst in den meisten kleineren Städten gibt es oft eine einfache Unterkunft. Viele sind auf Google Maps nicht eingezeichnet, jedoch auf OpenStreetMap. In den meisten Städten gibt es ein gut ausgebautes Fernwärmenetz. In der Regel werden für ein bis zwei Wochen im August planmäßige Wartungsarbeiten durchgeführt. In dieser Zeit gibt es in vielen Hotels kein warmes Wasser zum Duschen. Die Qualität schwankt, wobei die meisten Hotels den Charme der 60er bis 80er Jahre versprühen. Die Preise des günstigsten Zimmers schwanken meist zwischen umgerechnet 10 und 20 €.
Es gibt in vielen Städten staatliche Hotels, welche sich meist direkt am Leninplatz im Stadtzentrum oder am Bahnhof befinden. Viele (jedoch nicht alle) Hotels führen die staatliche Registrierung durch. Man bekommt beim Checkout einen kleinen Beleg. Diesen muss man unbedingt bis zur Ausreise aufheben. Einige kleinere private Unterkünfte und vor allem Hostels führen keine Registrierung durch. Solange man jedoch die Belege aufhebt und spätestens alle 10 Tage zumindest eine Registrierung vorweisen kann, sollte es bei der Ausreise kein Problem geben. Es gibt offiziell noch die Möglichkeit, sich online selbst zu registrieren. Die Webseite ist nur von Belarus aus aufrufbar und ziemlich fehleranfällig, weshalb ich keine Online-Registrierung durchführen konnte.
Meistens war ich Wildzelten. Dies ist in Belarus offiziell erlaubt und aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte auch fast überall möglich. In manchen Nationalparks ist das Zelten verboten bzw. nur an festgelegten Plätzen erlaubt. Diese sind meist auf OpenStreetMap eingezeichnet. Diese offiziellen Zeltplätze besitzen meist einen Mülleimer und manchmal auch ein Plumpsklo und sind, vor allem wenn sie an Ufern von Gewässern liegen, ein beliebtes Urlaubsziel für Belarussen. Ist man alleine oder zu zweit unterwegs, sind die offiziellen Zeltplätze kostenlos. Die drei Lieblingshobbies in Belarus sind meiner Erfahrung nach Angeln, Fischen und Angeln. Beim Zelten an Gewässern trifft man daher fast immer Angler, oft werden die Fische direkt vor Ort über einem Lagerfeuer gegrillt, dazu erdröhnt meist laute Musik aus einer Bluetoothbox. In einem Baum versteckt stehen meist noch eine Flasche Wodka und Gläser bereit. Manche treffen sich auch zum Feiern mit einem Zelt in der Pampa. Es kann daher vor allem im Speckgürtel von Städten im Sommer schwer sein, einen ruhigen Zeltplatz an Flüssen oder Seen zu finden.
Im Sommer gibt es eine erhöhte Waldbrandgefahr, weshalb Lagerfeuer im Wald meist verboten sind. Diese Verbote werden auf Hinweistafeln am Wegrand deutlich gemacht. Oft ist es aus Brandschutzgründen auch verboten, in den Wald zu fahren, wobei mir gesagt wurde, dass dies nur PKW betrifft und man beim Wildzelten im Wald, solange man kein Feuer macht, keine Probleme bekommt. Ich habe mehrfach im Wald gezeltet. Das größte Problem sind die Stechmücken. Vor allem in den sumpfigen Regionen um Chernobyl konnte ich keine Sekunde anhalten, ohne komplett zerstochen zu werden. Selbst mein Mückenspray hat nur mäßig geholfen.
Im ganzen Land gibt es Wölfe und Bären. In einigen Nationalparks leben auch Bisons und Elche. Ich habe zwar oft gezeltet, aber nie eines dieser Tiere in freier Wildbahn gesehen. Eine Begegnung ist relativ unwahrscheinlich. Die größte Gefahr stellen die Braunbären dar. Es wird empfohlen, keine Lebensmittel am Zelt zu lagern und alles möglichst geruchsdicht zu verpacken.
Essen
Es gibt in jeder größeren Ortschaft einen Tante-Emma-Laden. Die meisten dieser Mini-Supermärkte stammen noch aus Sowjetzeiten. Bestückt mit einem kleinen Gemüseregal, den wichtigsten Drogerieartikeln, einer Fleischtheke, einem kleinen Regal mit Keksen und Weißbrot, ein paar Softdrinks sowie einem großen Regal mit Wodka bieten sie fast alles, was man zum täglichen Leben braucht. Manche kleine Supermärkte besitzen noch einen Holzofen, um sie im Winter warm zu halten. Man sollte auf dem Land immer Bargeld in kleiner Stückelung dabei haben. Viele kleine Läden haben nur sehr wenig Wechselgeld, und man wird vor allem kurz nach Ladenöffnung manchmal gefragt, ob man passend zahlen kann. Die meisten Läden öffnen relativ spät (um 09 Uhr, auf dem Land um 10 oder 11 Uhr). Selbst am Sonntag haben viele Supermärkte geöffnet. Allgemein gilt: Je ländlicher die Region, desto kürzer sind die Öffnungszeiten.
In jeder kleineren Stadt gibt es zumindest eine Bäckerei. Hier gibt es meist mit Kraut, Kartoffelbrei oder Fleisch gefüllte frittierte Teigfladen (Piraschki) zu kaufen. Diese werden in der Früh frisch gemacht und stellen ein leckeres, günstiges Frühstück dar. Es gibt im ganzen Land kein gutes Brot, höchstens Weißbrot. Die Preise von Lebensmitteln sind allgemein etwas günstiger als in Deutschland.
Restaurants sind im Vergleich mit Deutschland relativ günstig. Ich habe meist für 7 bis 10 € gut essen können. Als Vegetarier hatte ich teilweise Probleme, passendes Essen in Restaurants zu finden. Außerhalb von Minsk habe ich kein veganes oder vegetarisches Restaurant gefunden, und in normalen Restaurants sind (abgesehen von Pizzerien) vegetarische Gerichte nur mit etwas Glück zu finden. Ich habe mir deshalb zum Abendessen meist nur eine Brotzeit gemacht. In Minsk gibt es recht gutes Streetfood am Komarovsky Market.
Leitungswasser ist quasi im ganzen Land trinkbar. Ich hatte nie Probleme. Nur in Minsk und in der Chernobyl-Sperrzone habe ich auf Flaschenwasser zurückgegriffen. Es ist unüblich, Wasser in Flaschen zu kaufen. Es gibt zwar überall Wasserflaschen, diese sind dann aber in der Regel Sprudelwasser. Vor allem im ländlichen Raum gibt es nicht überall Leitungswasser, dafür stehen am Straßenrand oft Brunnen, in denen man sich frisches Trinkwasser schöpfen kann.
Zudem gibt es vor allem im ländlichen Raum viele wild stehende Obstbäume. Wenn man im Sommer unterwegs ist, kann man sich hier immer mit frischem Obst eindecken. Obst und Gemüse kann man meistens auch recht günstig von Babuschkas am Straßenrand kaufen. Man sollte an Straßenständen möglichst Kleingeld dabei haben. Die Wiedereinfuhr von Obst und Gemüse in die EU ist verboten. Aufgrund von Chernobyl sollte man keine Pilze aus der Region Gomel essen.
Menschen
Ich habe fast nur positive Begegnungen im Land gemacht. Während in Litauen so gut wie jeder Englisch spricht und in Polen immer noch einige junge Leute Englisch lernen, kommt man in Belarus meist nur mit Russisch und Belarussisch weiter. Ich habe daher meistens Google Übersetzer verwendet. Nur mit viel Glück trifft man ab und zu Leute, die etwas Englisch oder Deutsch können. Die belarussische Sprache hat einen starken polnischen und russischen Einfluss. Viele Wörter aus dem Russischen werden mit "A" statt mit "O" geschrieben. So z. B. "Masty" (statt "Mosty"), aber vor allem wenn man als Tourist unterwegs ist, nimmt es einem keiner übel, wenn man das manchmal durcheinander bringt. Seit dem Ukrainekrieg gibt es vor allem auf dem Land einige Flüchtlinge aus Russland, die der Einberufung in die Armee entgehen wollen.
Im Vergleich zu Polen und Litauen gibt es nur sehr wenige Menschen auf den Straßen und auch kulturell ist sehr wenig geboten. Erst gegen Abend sieht man mehr Menschen auf den Straßen schlendern. Die zwei größten Kulturschocks für mich waren, dass das Land sehr religiös geprägt ist und dass viele nicht wie in Deutschland zum Schwimmen, sondern zum Angeln an den Strand gehen. Es gibt zwar etliche Seen und Flüsse und fast überall Badestrände an denen jedoch meist nur etwas geplanscht wird. Wesentlich häufiger sieht man Familien beim Angeln. FKK-Baden ist in Belarus nicht offiziell verboten. Es gibt einen gedulteten FKK Strand am Minsker Meer. Mehr dazu schreibe ich in einem seperaten Artikel über Minsk.
Eine schlechte Erfahrung habe ich in einem Supermarkt gemacht: Die Verkäuferin hatte mich auf Belarussisch etwas gefragt, was ich nicht gleich verstanden habe, und sie hat nicht verstanden, dass ich die Sprache nicht verstehe. Deshalb hat sie mich dann angeschrien. Ich habe einfach "Nijet" (Nein) gesagt und den Kopf geschüttelt. Beim Rausgehen kam dann ein anderer Kunde auf mich zu und hat mir auf Englisch übersetzt, dass sie durch den Laden geschrien hat, ob ich eine Tüte haben will und sie vermutlich noch nie mit einem Ausländer Kontakt hatte und vermutlich dachte, ich sei schwerhörig.
Die Menschen sind wie in Deutschland meist zurückhaltend. Während man in einigen anderen Ländern häufig angesprochen wird, da man als Ausländer auffällt, konnte ich in Belarus meist ungestört Fahrrad fahren. Um andere Reisende kennenzulernen, empfehle ich, im "Minsk Urban Hostel" zu übernachten, und um mit den Leuten vor Ort in Kontakt zu kommen, empfehle ich vor allem bei kühlem Wetter, ein lokales Badehaus zu besuchen. Hierzu schreibe ich noch einen extra Artikel.
In einigen kleinen Dörfern kommen nur wenige Menschen vorbei. Viele Höfe haben Wachhunde, die in kleinen Ortschaften auch mal ohne Leine herumlaufen. Einmal ist mir so ein Köter direkt vors Fahrrad gelaufen und ich hätte ihn fast überfahren, und zweimal haben mir Hunde den Weg blockiert. Ich bleibe dann in der Regel immer stehen und warte, bis der Besitzer rauskommt und sein Tier zurückruft. Das Problem mit den Hunden ist jedoch nicht so schlimm wie in Kasachstan. Im Grenzgebiet zur Ukraine habe ich sogar mehr Katzen als Wachhunde gesehen.
Ausreise
Die Ausreise gestaltete sich ähnlich wie die Einreise, jedoch ohne das Verhör. Die Wartezeiten bei Brest können variieren, wobei ich mit nur 11 Stunden nach Aussagen von Mitreisenden noch Glück hatte. Es waren etwa 15 Busse vor uns. Mir wurde berichtet, dass andere zwei Tage an der Grenze warten mussten. Ab einem Aufenthalt von 10 Tagen benötigt man eine Registrierung am Aufenthaltsort, die man in den meisten Hotels ausgestellt bekommt. Ich war meistens zeltend und nur alle paar Tage in Hotels. Ich hatte alle Hotelbelege aufgehoben. Diese musste ich bei der Ausreise vorzeigen.
Wesentlich schneller geht die Ein- und Ausreise an der belarussisch-litauischen Grenze. Hier dauerte die Ausreise nach Litauen nur einen Vormittag und die Wiedereinreise weniger als 5 Stunden. Auch hier musste ich mein Fahrrad in einem Bus transportieren und durch die Gepäckkontrolle tragen.