Verlassene Kirche von Benitsa

Belarus, August 2024

Die Kirche der Heiligsten Dreifaltigkeit im Dorf Benitsa (Беніца) ist ein eindrucksvolles Beispiel barocker Sakralarchitektur in Belarus. Sie wurde zwischen 1701 und 1704 erbaut und zählt heute zu den wichtigsten historischen und kulturellen Denkmälern der Region um Maladsetschna.

Ursprünglich diente das Gebäude einer katholischen Gemeinde. Im Jahr 1866 wurde es jedoch in eine orthodoxe Kirche umgewandelt – eine Wandlung, die das religiöse und politische Spannungsfeld jener Zeit widerspiegelt. Nach dem Ersten Weltkrieg, im Jahr 1919, wurde das Gotteshaus erneut zum katholischen Gottesdienst genutzt.

Die sowjetische Periode brachte einen erneuten Bruch in der Nutzungsgeschichte: 1948 wurde die Kirche geschlossen. Über Jahrzehnte hinweg war das Gebäude dem Verfall ausgesetzt, bis 1988 einige Maßnahmen zur Restaurierung eingeleitet wurden. Aktuell verfällt das Gebäude jedoch wieder.

Architektonisch besticht der Bau durch klare barocke Formen, massive Wände und ein harmonisches Gesamtbild. Der Innenraum ist schlicht, aber atmosphärisch, mit Spuren früherer Wandmalereien, die vom künstlerischen Wert der ursprünglichen Ausstattung zeugen.

Die Nacht verbrachte ich in Maladsetschna im gleichnamigen Hotel Molodechno (Гостиница "Молодечно") am Zentralen Platz. Da Sonntag war, war so gut wie alles geschlossen. Im Sommer finden in vielen Städten in Belarus jährliche Wartungsarbeiten am Fernwärmenetz statt und daher musste ich wieder kalt duschen. Vom Hotel aus hat man einen tollen Überblick über die ganze Stadt.

Direkt am zentralen Platz vor der Universität steht eine alte Leninstatue. Am Sockel hat es sich eine Gruppe Schüler bequem gemacht. Ein Vogel sitzt auf der Statue und kackt Lenin auf den Kopf.

In Maladsetschna befand sich im zweiten Weltkrieg ein Konzentrationslager der Nazis. Mehr als 33.150 Kriegsgefangene und Zivilisten wurden in dem Lager getötet, insgesamt durchliefen es etwa 70.000 bis 80.000 Menschen. Der Erinnerungskomplex wurde 1995 vom Architekten L. Levin erstellt. Allein in Belarus fielen ca. 1,7 Mio Menschen dem 2. Weltkrieg zum Opfer. Von den 940.000 Juden überlebten nur 140.000. Ganze Dörfer verschwanden von der Landkarte.

Das Dorf Beitsa liegt gut 20 km westlich der Stadt. Es ist ein uriges kleines Bauerndorf mit bunt gestrichenen Holzhäusern und schönen Gärten. Es gibt eine Kirche, eine Bushaltestelle und einen Gemischtwarenladen. Ansonsten kommen hier nicht viele Menschen vorbei. Während der gesamten Fahrt kamen mir weniger als fünf Autos entgegen.

Die Kirche der Dreifaltigkeit steht im Zentrum, am Dorfplatz von Benitsa. Ein barokker Steinzaun umgibt das etwas überwucherte Gelände.

Ich laufe einmal um die Kirche. Das Kirchenschiff ist kreuzförmig, in der Mitte erhebt sich eine grüne Kuppel mit einem kleinen Türmchen und Kreuz auf der Spitze empor. Die Türen und Fenster sind verschlossen.

Ich klettere in die Katakomben unter der Kirche. Bis vor ein paar Jahren lagerten hier noch Schädel und Skelette vom anliegenden Friedhof. Diese wurden jedoch vor Kurzem aus Respekt vor den Verstorbenen entfernt.

Durch und ein Loch im Boden gelange ich ins Kirchenschiff. Die Kirchenbänke und alle sakralen Gegenstände wurden entfernt. Im Gebäude haben sich Schwalben, Tauben und Fledermäuse eingenistet. Der Boden ist übersäht mit Vogelkot.

Unter der Kuppel in der Mitte der Kirche hing einst ein großer Kronleuchter.

Über die Wendeltreppe im Glockenturm gelange ich auf die Empore. Sonnenlicht strömt durch die klaren Fenster und erhellt die weißen Wände. Das Holz ist etwas modrig, weshalb ich beschließe, nicht über die Empore zu laufen.

Ich folge der Treppe weiter nach oben. Einzelne Stufen fehlen bereits und in den Wänden tun sich Risse auf.

Der Dachstuhl weißt bereits größere Löcher auf, im zweiten Glockenturm fehlt die Treppe bereits komplett und wurde durch eine Holzleiter ersetzt.

Von oben hat man einen tollen Ausblick in alle vier Richtungen über das Dorf Benitsa und die umliegenden Äcker. Ich blicke hinunter auf das Dach der Kirche. Am linken Turm tuen sich bereits größere Risse auf. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das Gebäude einstürzt.

Gegenüber der Dreifaltigkeitskirche steht eine kleine Kapelle, die aktuelle Kirche des Dorfes.

Ich verlasse Benitsa wieder und folge der H-6132 und H-7393 weiter nach Smarhon (Смаргонь). Innerhalb der Ortschaften ist die Straßenqualität gut, außerhalb der Ortschaften ist es teilweise schwer, voran zu kommen. Trotzdem hat es sich gelohnt, hier her zu kommen.

Quellen und weitere Infos:

https://posmotrim.by/article/kostel-presvyatoy-troicy-benica.html
https://meridian28.com/report/kost_sv_troitsy.html


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