Schneeschuh-Hüttenwanderung an Weihnachten durch Lappland
Finnland, Dezember 2024
Nachdem ich bereits eine Nacht in einer Hütte in Schweden verbracht hatte, möchte ich über die Weihnachtsfeiertage eine dreitägige Hüttentour durch Lappland in Finnland machen. Aktuell gibt es keine durchgängige Zugverbindung zwischen Schweden und Finnland. Die Bahn wird in beiden Ländern etwas stiefmütterlich behandelt. Aktuell verkehren jeweils nur eine handvoll Züge täglich bis zur Grenze, drei Schwedische bis Haparande und zwei Finnische bis nach Tornio Itäinen und zwischen den beiden Grenzbahnhöfen liegen 4,6 km Fußweg. 2026 soll eine grenzüberschreitende Verbindung eröffnet werden. Ich habe deshalb den Bus über die Grenze genommen, nach gut einer Stunde Fahrt komme ich in Kemi an, von dort nehme ich den aus Helsinki kommenden Nachtzug bis nach Muurola. Der Zug ist ausgebucht, die meisten Leute sind Touristen auf dem Weg zum Weihnachtsmanndorf in Rovaniemi. In Muurola steigen nur drei Leute aus.
Es hat ca. -25°C und der Himmel ist klar. Ich hatte mir ursprünglich drei Hütten für die nächsten drei Tage heraus gesucht, aufgrund des tiefen Neuschnees und weil in einer Hütte der Ofen kaputt ist, beschließe ich, nur zwei Hütten zu besuchen. Die sogenannten Open Wilderness Huts in Finnland sind frei zugängliche Hütten, meist abgelegen im Wald, die meist über einen Ofen, ein Matratzenlager, einen Holzschuppen und ein Plumpsklo verfügen. Auf retkikartta.fi gibt es eine Übersicht über alle Hütten in Finnland sowie aktuelle Hinweise zu den jeweiligen Hütten. Da es in Lappland nicht überall Internet gibt, habe ich mir eine Offlinekarte zusammen mit der Route und den Koordinaten der Hütte heruntergeladen. Hierfür empfehle ich die App Organic Maps. Aufgrund der kühlen Temperaturen hat mein Handyakku nicht sehr lange durchgehalten. Ich empfehle, unbedingt einen Ersatzakku mitzunehmen und das Handy nahe am Körper zu tragen.
Meine heutige Tagesetappe führt mich zur Louevaara Open Wilderness Hut, gut 15 km Fußweg vom Bahnhof Muurola entfernt. Als erstes folgt man der 930 in Richtung Westen. Die 930 ist eine sehr gering befahrene Straße, es lässt sich dort sehr gut laufen. Nach etwa 8 km zweigt ein Feldweg Richtung Norden ab. Ich habe meine Schneeschuhe angeschnallt und kämpfe mich durch den Pulverschnee und folge dabei den frischen Spuren eines Elchs.
Je tiefer in den Nationalpark vordringe, desto tiefer wird der Schnee. Auf den letzen Kilometern quert der Wanderweg ein Geröllfeld, nur dank meines GPS kann ich den Wanderweg wieder finden. Ich würde behaupten, alleine im Winter durch Lappland zu wandern, gehört zu den top 5 gefährlichsten Sachen, die ich die letzten Jahre gemacht habe. Ich rate jedem, eine solche Tour nur zu zweit zu machen, da man hier draußen ganz auf sich allein gestellt ist. Für die 7 km von der Straße zur Hütte brauche ich knapp drei Stunden. Die Louevaara Hütte befindet sich auf einem Hügel im Wald und war früher die Schutzhütte für den angrenzenden Feuerwachturm für Waldbrände im Sommer. Die Hütte ist so gut zwischen den Bäumen versteckt, dass ich sie erst sehe, als ich quasi schon direkt davor stehe.
Als ich ankomme, wird es bereits wieder dunkel. Gegenüber der Hütte steht ein kleiner Holzschuppen und daneben ein Plumpsklo. Ich lade meinen Rucksack in der Hütte ab und esse eine kleine Brotzeit. Danach mache ich mich daran, Brennholz für die Nacht vorzubereiten.
Der Holzschuppen ist leider leer, im Schnee verteilt liegen ein paar alte Bretter, welche ich mit der vorhandenen Säge zerkleinere und zum Auftauen in die Hütte trage. Leider sind die Bretter recht morsch und durchnässt, weshalb ich mit ihnen kein Feuer anbekomme. Etwas abseits entdecke ich zwei kürzlich durch einen Sturm umgeknickte Bäume. Die Nadeln sind noch grün und das Holz recht frisch, doch besser als nichts. Mit der Axt entferne ich die kleineren Äste und säge einen der Bäume in handliche Stücke, welche ich zu kleinen Scheiten spalte.
Gegen halb Neun Abends habe ich endlich ein warmes Feuer im Ofen und genug Holz für die Nacht. Ich schmelze mir etwas Schnee auf dem Ofen, da inzwischen mein ganzes Trinkwasser eingefrohren ist. Gegen 11 Uhr abends ist es endlich so warm in der Hütte, dass ich meine Jacke ausziehen und über den Ofen zum Trocknen hängen kann. Zum Abendessen gibt es gefriergetrocknete Kohlrouladen und dazu einen Tee und zum Nachtisch Lakritze und ein paar Lebkuchen und Plätzchen, welche ich aus Deutschalnd mitgebracht habe.
Erschöpft kuschel ich mich in meinen Schlafsack, ich kann recht gut schlafen, alle Stunde schüre ich etwas Holz im Ofen nach. Am nächsten Morgen mache ich mir ein reichhaltiges Weihnachtsfrühstück. Anschließend ziehe ich in den Wald, um neues Brennholz zu machen.
Über Nacht hat der Himmel zugezogen und es gab ordentlich Neuschnee. Es ist etwas wärmer geworden aber dafür weht ein kalter Polarwind. In der Hütte ist es wohlig warm. Gegen Mittag kommen zwei finnische Wanderer auf Schneeschuhen vorbei. Sie machen einen Tagesausflug und wir essen gemeinsam zu Mittag. Danach habe ich die Hütte wieder für mich alleine.
Neben der Louevaara Hütte steht ein Feuerwachtum, diesen habe ich am Vorabend aufgrund der Dunkelheit gar nicht mehr gesehen. Der Turm ist in einem wesentlich besseren Zustand als der, den ich im Sommer in Chernobyl hochgeklettert bin, dafür ist er ziemlich vereist.
Mit der Schneeschaufel grabe ich mir einen Weg von der Hütte zum Turm frei und klettere vorsichtig die Leite nach oben. Der Turm schwankt im Wind, Eiszapfen hängen von den Sprossen der Leiter und je weiter ich nach oben klettere, desto stärker wird der Wind.
Oben gibt es eine Luke, welche in ein kleines Holzhaus führt. Es gibt Fenster in alle Richtungen, welche von Eiskristallen übersäht sind. Eine Fensterscheibe fehlt und ein kalter Wind pfeift durch das Loch. Ich blicke nach draußen. Unten sehe ich die Hütte einsam im Wald stehen und ringsherum schneebedeckte Tannen soweit das Auge reicht. In meinem Fall gut 100 Meter, bevor alles in einen grauen Schleiher aus Schnee und Eisnebel übergeht.
Nachdem ich zwei Tage in der selben Hütte bleibe, habe ich Zeit, meinen Schal weiter zu stricken und mache mir heute für den ersten Weihnachtsfeiertag einen gemütlichen Nachmittag mit Tee, Punsch und Plätzchen, während draußen der Schneesturm tobt. Über meine Kopfhörer höhre ich ein paar Weihnachtslieder.
Ich habe in der Hütte kein bzw. nur ab und zu Internet, doch gegen Abend schaffe ich es, die aktuelle Polarlichtvorhersage zu bekommen. Ich nutze dazu die App Meine Polarlicht-Vorhersage. Gegen neun Uhr Abends hat der Himmel aufgeklart und gehe ich nach draußen, um mir Polarlichter anzuschauen.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag mache ich mich auf zur Purola Open Wilderness Hut. Aber zuerst lösche ich das Feuer und kehre den Kamin und die Hütte aus. Die Purola Open Wilderness Hut liegt etwa 14 km Fußweg entfernt. Wir befinden uns nur wenige Kilometer südlich des Polarkreises. Gegen Mittag erreicht die Sonne gerade so den Horizont, die Morgendämmerung geht fließend in die Abenddämmerung über.
Gegen halb zwei Nachmittags erreiche ide die Purola Hütte. Sie liegt entlang einer überregionalen Langlaufroute. Langlauf ist ein Volkssport in Finnland und es gibt ein Langlaufroutennetz, welches sich über das ganze Land zieht. Am Nachmittag kommen ein paar Langläufer vorbei, ansonsten habe ich die Hütte ganz für mich alleine.
Hinter der Hütte steht ein etwas windiges Plumpsklo, welches auch schon bessere Tage gesehen hat.
Das Holzlager der Purola Hütte wurde vor kurzem aufgefüllt und so musste ich heute kein Brennholz hacken. Ich habe ein Feuer geschürt und es mir mit meinen Kerzen in der Hütte gemütlich gemacht. In der Hütte gibt es einen großen Raum mit einem rustikalen Holztisch, eine lange Sitzbank, gegenüber ein Stockbett mit Matratzen und auf der anderen Seite im Eck einen Ofen.
Zum Abendessen gab es Nudeln und wieder Plätzchen. Bei den langen Nächten verliert man schnell das Zeitgefühl. Es wird bereits um drei Uhr dunkel und erst gegen zehn Uhr wieder hell.
In der Nacht gab es leider keine Polarlichter, dafür konnte ich die Milchstraße über der Hütte sehen.
Am nächsten Morgen bin ich früh aufgestanden und noch in der Dunkelheit losgewandert. Bis zurück zum Bahnhof sind es nur knapp 8 km. Zurück an der Straße 930 entdecke ich ein Bauernhaus mit typischem Zaun, welcher mit einer glitzernden Lichterkette geschmückt ist.
Ich erreiche Muurola, dort gehe ich einkaufen und nehme den Zug um 10:40 Uhr nach Rovaniemi, um das Weihnachtsmanndorf anzuschauen. In Rovaniemi treffe ich mich mit einer Freundin, mit welcher ich vor ein paar Jahren bereits in Hongkong und Taiwan im Urlaub war und seitdem nicht mehr gesehen habe. Zusammen schauen wir uns das Weihnachtsmanndorf an. Mein Eindruck: viel zu überlaufen und viel zu touristisch, wer sich nicht an Menschenmassen und überteuerten Souvenierschops stört, kann einen Abstecher hin machen, es ist aber keine extra Reise wert.
Am Nachmittag haben wir den Zug zurück nach Kemi genommen und waren dort noch in einer traditionellen Finnischen Sauna im Kemin uimahalli. Nach der Hüttentour habe ich mich gefreut, endlich wieder duschen und richtig aufwärmen zu können.
Am nächsten Tag machen wir uns auf nach Narvik, um Silvester auf den Lofoten zu verbringen.






















