Radtour zum Mittelpunkt Europas
Litauen, August 2024
1989 berechnete das Institut Géographique National (IGN) Frankreichs den geografischen Mittelpunkt Europas. Dabei wurde der Flächenschwerpunkt Europas auf einer dreidimensionalen ellipsoiden Kappe bestimmt. Der ermittelte Punkt liegt in Purnuškės, etwa 26 km nördlich von Vilnius in Litauen, mit den Koordinaten 54° 54' N, 25° 19' O.
Aufgrund der Berücksichtigung der Erdkrümmung befindet sich der eigentliche geographische Schwerpunkt Europas 180 km unter der Erdoberfläche und etwa 6.200 km vom Erdmittelpunkt entfernt. Zur Markierung wurde eine Gedenkstätte errichtet, bestehend aus einer Granitsäule mit einem Sternenkranz. In der Nähe befindet sich der Europos Parkas, ein Skulpturenpark.
Es gibt weitere berechnete Mittelpunkte Europas, jedoch ist der in Litauen der am weitesten anerkannte.
Meine Radtour begann ich in Vilnius, der Hauptstadt von Litauen. Es ist ein Tag vor der 35 Jährigen Unabhängigkeitsfeier und so finden überall Vorbereitungen für die Feierlichkeiten statt und man sieht viele Europaflaggen. Vom Zentrum der Stadt sind es mit dem Fahrrad etwa zwei Stunden Fahrt zum Mittelpunkt Europas
Ich folgte der frisch angelegten Uferpromenade. In Vilnius herrscht eine Art Aufbruschtimmung, das Land hat in den letzten Jahren eine wahnsinnige Entwicklung hin gelegt. Neue Glas-Wolkenkratzer prägen das Stadtbild, mit einer Architektur, die ich so noch nirgendwo sonst erlebt habe.
Entlang der Neris gibt es einen gut ausgebauten und sehr beliebten Fuß- und Radweg. Dieser durchquert einmal die gesamte Stadt. In Vilnius selber wurde in den letzten Jahren viel Infrastruktur für Fahrräder gebaut, diese beschränkt sich jedoch hauptsächlich auf innerstädtische Verbindungen.
Ich erreiche das Schloss Verkiai. Von hier aus hat man einen prima Ausblick auf den Fluss.
Nach dem Schloss Verkiai verlasse ich den Fluss Richtung Norden und fahre weiter über kleine Landstraßen in Richtung des historischen Liubavas Anwesens. Hier befindet sich die "Liubavo dvaro", eine historische Handelsstraße, welche mit Kopfsteinpflaster gepflastert ist.
Das Liubavas-Anwesen ist eines der ältesten Gutshöfe Litauens mit Ursprüngen bis ins 15. Jahrhundert. Es umfasst 11 Gebäude, ein System von Terrassenteichen und Plantagen. 2011 wurde auf Initiative des Bildhauers Gintaras Karosas ein Museum eingerichtet,
Der Zustand der Straße wird immer schlechter, bald finde ich mich auf einer sandigen Schotterpiste wider.
Ich mache einen kleinen Abstecher zu einem Messpunkt des Struve-Bogens. Der Struve-Bogen ist ein Vermessungsnetz aus dem 19. Jahrhundert, das von Norwegen bis zum Schwarzen Meer reicht. Diese Messungen halfen, die Form der Erde als Ellipsoid zu bestimmen. Diese Berechnungen Struves halten mehr als hundert Jahre später, den Mittelpunkt Europas exakt zu bestimmen.
Nach gut zwei Stunden erreichte ich den Mittelpunkt Europas. Auch hier fangen gerade Vorbereitungen für die Unabhängigkeitsfeier am nachsten Tag statt. Der Besuch des Mittelpunkts war der Höhepunkt der Tour.
Am eigentlichen Mittelpunkt Europas befindet sich eine Stele mit einem goldenen Sternenkranz an der Spitze. Auf dem Sockel steht "Geografischer Mittelpunkt Europas" in verschiedenen Sprachen. Davor befindet sich eine große gepflasterte Himmelsrosette.
Am Rückweg habe ich noch einen Zwischenstopp am Balsyssee gemacht. Nach einer kurzen Mittagspause und einer Runde Schwimmen ging es zurück nach Vilnius.
Wer von Vilnius zum Mittelpunkt Europas fahren möchte, sollte insgesamt etwa vier Stunden (plus eventuelle Badepause) einplanen.
Quellen und weitere Infos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mittelpunkt_Europas
https://www.goruma.de/erde-und-natur/geologie/struve-bogen
https://www.liubavas.lt/home-en